In der Gletscherwelt der Ötztaler Alpen

Im September, 2023

Das Einzugsgebiet der Ötztaler Alpen: © OpenStreetMap-Mitwirkende

Die Braunschweiger Hütte am E5-Fernwanderweg vor der mächtigen Wildspitze (3768m) und den Gletschern des  Mittelbergferners

Blick von der Schwarzen Schneid (3330m) auf die Bergwelt des östlichen Ötztals

“Wandern auf Ötzis Spuren – die 5000 Jahre alte Gletschermumie, die im Ötztal entdeckt wurde, gehört wohl zu den berühmtesten Fundstücken der Welt. Dabei ist der Ötzi bei Weitem nicht das einzige Highlight der Region, ganz im Gegenteil: Im Ötztal finden sich mit Wildspitze und Weißkugel auch im wörtlichen Sinn die Höhepunkte Tirols. Mehr als 250 Dreitausender bilden mit ihren leuchtenden Gletschern eine grandiose Kulisse, während unterhalb der Eis- und Felsgrenze dunkle Wälder und blühende Wiesen, rauschende Wildbäche und idyllische Seen bezaubern” (1)

Wenn man den Hochglanz-Reiseprospekten über die Ötztaler Alpen glauben schenken darf, macht das Wandern kaum irgendwo derart viel Spaß wie in Österreichs Wander-Destination Nummer 1, dem Ötztal. Demnach untermauert dieses längste Tiroler Seitental diesen Status mit einer verschwenderisch schönen Natur und einer Infrastruktur, die dem Wanderer den Kopf frei macht für das Wesentliche: das Losgehen. Insgesamt 300km Wander- und Bergwege, Steige und Treks und 250 Gipfel von Dreitausendern eröffnen hier schier grenzenlose Möglichkeiten. Für Wanderer eine Herausforderung und für Kletterer ein Eldorado, um sich in der Vertikalen zu bewähren. Im Ötztal liegt neben der Wildspitze, dem zweithöchsten Berg Österreichs, auch das größte zusammenhängende Gletschergebiet der Ostalpen, welches im 500qkm großen Naturpark einen Flächenanteil von 18% ausmacht. Bei allen Unternehmungen immer im Blick: Die alpine Natur mit tosenden Wasserfällen, Bächen und Bergseen, schattig kühlen Wäldern, Zirben und Almmatten, Bergflanken und sonnigen Hochplateaus, mit ihrer gigantischen Gletscherwelt und ihren Felswänden aus eisenhaltigem Granit.

PS: Sie sind zwar nicht unser Ziel, aber neben den stillen Momenten im Ötztal omnipräsent, pulsierend und in den Sommermonaten eine feste Größe: Die anspruchsvollen Single-Trails für die Mountain-Biker, die in Sölden mittlerweile ihre eigene Republik etabliert haben:

Wer Erinnerungen behalten will, muß sie zuerst sammeln. Also steigen wir auf! Die Berge haben angerufen und gefragt, wo wir bleiben…

Blick auf die “stille Seite” von SÖLDEN, the “Heartbeat of the Alps”

Unter den Seilen der Langegg-Bahn zum Rotkogel (2947m) gedeihen üppige Matten mit schmackhaften Preiselbeeren

Nicht mehr weit entfernt, doch an diesem Tag durch uns nicht mehr erreichbar: Der gewaltige Gletscher des Rettenbachferners (3056m)

Touren und Bergwelten:

Auf dem Höhenweg vom Tiefenbach-Gletscher (3100m) nach Vent

Von der Hohen Muth in Obergurgel zum Gaisberg (3233)- und Rotmoosferner (3055m)

Schlafende Riesen On-Tour: Gletscherwände und ihre Kogel

Zur Übersicht: Das Gletschergebiet im oberen Ötztal mit unterschiedlich schweren Wanderrouten (oben). Vor dem im Norden gelegenen Schwarzkogel (3016m) liegt der betörend blaue Schwarzsee, hier mit dem Mond als stillem Beobachter…

Mit unserem Aussichtspunkt auf etwa gleicher Höhenlage: Berge und Gletscher in der Panorama-Ansicht

Die Dimensionen vor Ort sind gewaltig. Gewaltig ist leider auch der Rückzug der Gletscherlandschaften im Naturpark Ötztal, wobei der Anstieg der Sommertemperaturen (in den letzten 150 Jahren nachweislich um mehr als 1°C) die Gletschermasse zum Teil auf 50% reduziert hat. Ein Grund mehr, alles zu tun, um dieses labile Ökosystem mehr denn je zu schützen und zu erhalten. Sollte man meinen…

Großbaustelle Rettenbachgletscher: Mit schwerer Technik gegen die Vernunft

Man kann dieses Anliegen aber auch ignorieren, wie es auf mehreren österreichischen Gletschern und offensichtlich auch hier im Söldener Gletschergebiet geschieht. Völlig unbegreiflich ist der hier mit schwerer Technik und gezielten Sprengungen laufende Baubetrieb an Eis und Felsen: Um die hier implementierten Skigebiete für die kommende Wintersaison und anstehende Ski-Weltcup-Rennen zu preparieren, scheut man offenbar keinen Aufwand. Und zerstört dabei die Umwelt. Die Eingriffe in die bereits schwer gebeutelte Natur sind nicht zu übersehen, s.oben.

Auf schwierigen Pässen unterwegs…

Wir sind auf einer Gletscher-Schnuppertour, die mit dem E5-Fernwanderweg verknüpft ist. Der von uns begangene Weg ist nur ein Teilabschnitt (!) auf der üblichen E5-Route und führt von der Kapelle am Rettenbachferner über das Pitztaler Jöchl (2996m) zur Braunschweiger Hütte. Von dort über das Rettenbachjoch zurück zur Seilbahn der Schwarzen Schneid. Ein schwerer Bergweg, der in einzelnen Abschnitten gesichert und verseilt ist, s. oben.

An der Braunschweiger Hütte beginnt die Königsetappe des E5-Fernwanderweges

PS: Der Europäische Fernwanderweg E5 überquert die Alpen in etwa 600km Länge von Konstanz am Bodensee bis nach Verona in Oberitalien. Die Königsetappe dieser Tour durch 4 verschiedene Länder (D, Ö, S, I) verläuft ab hier über einen der oben beschriebenen Sattel (Pitztaler Jöchl oder Rettenbachjoch) weiter nach Zwieselstein mit dem Ziel Bozen. Oder nach Vent mit dem Ziel Meran. Die zerklüftete Gletscherzunge des Karlesferners füllt heut nur noch einen Teil des Tales aus, s. oben.

Eiskare und Zeugnisse ihrer Kraft in der Nähe des Gaislachkogels (3056m)

Am Timmelsjoch/Passo delRombo (2509m), der Landesgrenze zwischen Österreich und Italien

Nach Baubeginn im Jahre 1955 wurde die Strasse 1968 auch für den Durchgangsverkehr zwischen Österreich und Südtirol eröffnet. Einen Grenzübergang gibt es schon lange nicht mehr. Unsere Wanderung ab Zwieselstein hat uns im Timmelstal über ehemalige Schmugglerpfade und beeindruckende Steinlandschaften bis hierher geführt. Der E5-Wanderweg ab Timmelsjoch führt ab hier abwärts in das malerische Passeiertal und schlußendlich nach Bozen bzw. Meran.

Versöhnlicher Ausblick von der Lenzenalm über das Timmelstal mit köstlichem Aperol-Spritz

Hier am Tisch ist übrigens die verrückte Idee einer kompletten Alpenüberquerung geboren worden. Im kommenden Jahr und in einer zusammenhängenden 7-Tagestour von Oberstdorf nach Meran. Wahrscheinlich aber nicht über die Trails des E5-Fernwanderweges…


Karte: © OpenStreetMap-Mitwirkende
Zum Nachesen:
(1): “Rother Wanderführer Ötztal”, Bergverlag Rother, München 2021
(2): https://www.naturpark-oetztal.at/wissen/gletscher/gletscher-im-wandel-der-zeit/
(3): https://www.merkur.de/welt/skisaison-tirol-soelden-gletscher-grossbaustelle-naturschuetzer-greenpeace-kritik-start-92530210.html

(v.k.)

 

 

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