Archiv der Kategorie: ► Wegbegleiter

Wegbegleiter sind wie Meilensteine an Weggabelungen, die ein Gefühl der Sicherheit bei Krisen oder schwierigen Entscheidungen vermitteln. Und die an das Urvertrauen in unser Leben erinnern. Vielleicht so wie tief verankerte Überzeugungen  oder Annahmen über die Welt oder uns selbst. Meine persönlichen Wegbegleiter sind ganz besondere Bilder, Texte und Gedanken. Oder auch Reflexionen über für mich einmalige oder wichtige Ereignisse. Sie sind damit- wenn man so will- ein Stück Wertesystem meines Lebens.

Matthias Claudius: „Die Sternseherin“


 

 

 

 

Ich sehe oft um Mitternacht, wenn ich mein Werk getan
und niemand mehr im Hause wacht, die Stern`am Himmel an.

Sie stehen da wie hingestreut als Lämmer auf der Flur;
in Rudeln auch und aufgereiht, wie Perlen an der Schnur.

Und funkeln alle weit und breit und funkeln rein und schön;
ich seh` die große Herrlichkeit und kann mich satt nicht seh‘ n…

Dann saget, unterm Himmelszelt, mein Herz mir in der Brust:
„Es gibt was Bessers auf der Welt als all ihr Schmerz und Lust.“

Ich werf mich auf mein Lager hin und liege lange wach
und suche es in meinem Sinn und sehne mich darnach.

(Matthias Claudius, 1740-1815)

                                            ***                              

image: pixabay

(v.k.)

Rainer Maria Rilke: „Herbst“

Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

                                   ***

(v.k.)


50 Jahre miteinander- eine gemeinsame Lebensreise


Die Welt hat sich verändert

rasant, in fünfzig Jahren

aber vor Eurem inneren Auge kehrt Ihr immer noch zu Euren Anfängen zurück.

Lebendig wie gestern erst habt Ihr vor Augen die ersten Blicke, den ersten Kuss,

und Eure Entscheidung für ein gemeinsames Leben.

Der Zauber des Anfangs ist Euch nie verloren gegangen

und immer wieder habt Ihr Euch neu ineinander verliebt.

Und aus tiefster Überzeugung Euer inneres Ja zum Anderen erneuert.


Wie zwei alte Bäume seid ihr

An manchen Stellen scheint es, als wären Eure Stämme zusammengewachsen.

Und doch bleibt noch Raum,

daß Ihr Euch in verschiedenen Richtungen bewegen könnt.

Eure Kronen sind ineinander verflochten,

tausendfach erlebtes schmiedet Euch zusammen ein ganzes Leben.

Eure Wurzeln haben sich mit der Zeit ineinander verschlungen,

geben sich gegenseitig Halt in Tiefen, die niemand sehen kann.


Ihr seid diesen Weg nicht allein gegangen

Freunde waren an Eurer Seite, manche haben Euch längst verlassen:

Sei es, weil sie ihren Lebenslauf vollendet haben,

sei es, weil Eure Wege sich trennten.

Manche gehen immer noch mit und nur ein Blick genügt,

um einander zu verstehen.


Einssein

bedeutet nicht, das Gleiche zu wollen,

oder das Gleiche zu tun: sich anpassen und einfach mitgehen.

Einssein bedeutet,

in aller Verschiedenheit die Gewißheit zu haben, daß man auf das gleiche Ziel zusteuert.

Jeder mit seinen Talenten, jeder mit seiner Art und jeder in seinem eigenen Tempo.

Einssein bedeutet,

die Unterschiedlichkeit lieben und schätzen zu lernen und das

Verschiedensein als Reichtum zu begreifen.


Vielleicht mag Euch Wehmut beschleichen in manchen Momenten

wenn Euch bewußt wird, daß die meiste Zeit, die ihr gemeinsam hattet,

nun längst vorbei ist.

Seid nicht traurig über die kleine verbleibende Spanne,

übt Euch in Dankbarkeit für das, was war, und das, was Euch geschenkt wurde

und lenkt Euern Blick auf das Einzige, das Ihr gestalten könnt

Hier und Jetzt.

 

Die Pension „Polenztal“ am Fuße der Burg Hohnstein in der Sächsischen Schweiz: Für unsere Kinder, Enkel, Freunde und Wegbegleiter war sie vom 12.-14.07.2024 eine würdige Gastgeberin für unser großes Event…

 


♦ Images: Pixabay
♦ Textpassagen zur Goldenen Hochzeit aus: Petra Würth:  „50 Jahre miteinander“, Verlag für Jugend und Gemeinde, 3. Auflage, 2019

(v.k.)

Was uns nicht berührt…

Was uns nicht berührt, verwandelt uns nicht 

Eindrücke und Berührungen sind mannigfaltig und sprechen uns über unsere fünf Sinne an. Einen Teil davon erfahren wir über optische Wahrnehmungen, Beobachtungen, Bilder und Metapher. In meiner Collage oben spricht uns jedes Einzelbild auf seine eigene Art an (oder auch nicht an) und vermittelt Berührtsein in ganz unterschiedlicher, subjektiver Form und Intensität.

So stehen von links oben beginnend und im Uhrzeigersinn betrachtet die 11 Einzelbilder z.B. für Ergriffenheit und menschliche Wärme, für den berühmten Aha-Effekt, für Größe und Unendlichkeit, für Loslassen und Entspannung, für Schönheit und Stille, für Kindlichkeit und Staunen, für Nachdenklichkeit und Entschluß, für Sinnlichkeit und Faszination, für Aufbruch und Unruhe, für Liebe und Mütterlichkeit und letztendlich für Natur und Faszination.

Diese Zuordnungen gelten für mich persönlich, andere generieren aus diesen Bildern möglicherweise ähnliche oder auch völlig andere Wahrnehmungen. Aber eines gilt für alle Betrachter: Nur ein Teil dieser Bilder geht uns wirklich nahe und „unter die Haut“: Nur einem kleinen Teil dieser bildhaften Berührungen gewähren wir wirklich Zugang zu unserer Seele…

„Was uns nicht berührt, verwandelt uns nicht“ ist ein Zitat von Carl-Gustav Jung, Begründer der analytischen Psychologie

(v.k.)