Schlagwort-Archive: Kirchen und Klöster

Unterwegs im Erzgebirge (20)

Das Kloster Altzella: Erinnerungsort und romantischer Landschaftspark

Im Oktober, 2022

Die Anlage der ehemaligen Zisterzienserabtei Altzella bei Nossen ist zu jeder Gelegenheit eine Reise wert. Bei jedem Besuch werden wir immer und immer wieder von eben diesem Ort verzaubert. Gerade in dieser Jahreszeit…

Ich hatte die Klosteranlage und ihre frühe Historie in einem früheren Blogbeitrag schon einmal vorgestellt. Hier nun die Weiterführung und das Ende ihrer Erfolgsgeschichte: 1162 gegründet und in vier Jahrhunderten zu einem der wirtschaftlich stärksten und flächenmäßig größten Klöster Deutschlands gewachsen, wurde die Abtei im Zuge der Reformation 1540 aufgelöst. Der Klosterbetrieb im Freiberger Muldetal wurde aufgehoben und sein Besitz durch den sächsischen Herzog Heinrich den Frommen eingezogen. Mehrmals an unterschiedliche Eigentümer verpachtet, wurden schon wenig später Teile der Abtei zur Gewinnung von Baumaterial abgetragen. Ab 1554 und im Auftrag des Kurfürsten August (1526-1586) auch zum Umbau der Nossener Burg in ein repräsentatives Jagdschloss. Ende des 16. Jahrhunderts war bereits ein Großteil der festen Gebäude abgebrochen. Auf dem Gelände entsteht ein unter kurfürstlicher Verwaltung stehendes Kammergut (Landwirtschaftsbetrieb) zur Versorgung des Dresdener Hofes. Das mächtigste und reichste Kloster der Mark Meißen gibt es nicht mehr…

Fragmente und Ruinen: Fassade der ehemaligen Klosterkirche, Klosterscheune/Schüttboden, Westfassade des Sommerrefektoriums und Giebel am Mühlgraben

Aber: Um 1800 legte der Dresdener Hofgärtner Johann Gottfried Hübler im 15 ha großen Klosterbereich einen weitläufigen englischen Landschaftspark an und bezog Gebäudeteile, Ruinen und Mauern in das Gesamtkonzept mit ein. Von dem so entstandenen romantischen Gartenreich ließen sich Maler und Grafiker seit dem Ende des 18. Jahrhunderts inspirieren. Erhalten sind umfangreiche Zeichnungen und Gemälde des Landschaftsmalers Johann Christian Klengel (1751-1824) sowie der in Dreden lebenden Maler Caspar David Friedrich (1774-1840) und Carl Gustav Carus (1789-1869). Bis heute erinnern ihre Darstellungen und die Idylle dieses liebevoll gepflegten Landschaftsparks an das Erbe der Zisterzienser.

Altzella und Capar David Friedrich: “Ruinen in der Abenddämmerung”

“Das frühere Klostergelände ist mit seinen Ruinen und Mauern, den alten Bäumen und Parkanlagen scheinbar von der hektischen Betriebsamkeit des 21. Jahrhunderts entrückt. Die idyllische Abgeschiedenheit des Ortes erinnert nur wenig an den lebhaften Alltag im vormals bedeutendsten und reichsten Kloster Sachsens. Fernab der Welt, in einem Tal und an einem Wasserlauf sollten die Zisterzienserklöster nach dem Ideal der Ordensgründer entstehen. Wer heute dieses Gelände besucht, findet die Spuren einer wechselvollen 800-jährigen Geschichte: Das romanische Klostertor, das in der Zeit versunken scheint, das ehemalige Konversenhaus mit seinem beeindruckenden Bibliothekssaal, das klassische Mausoleum der Markgrafen von Meißen und grandios inszenierte  Vergänglichkeit im romantischen Landschaftspark”

(Text aus: Mathias Donath, Andre Thieme: “Kloster Altzella”, Edition Leipzig, 2011).

Romanisches Klostertor sowie Fragmente der Klosterkirche und des Westgiebels des Sommerrefektoriums

Die Altzeller Klosterkirche und die sie umgebenden Klausurgebäude gehören zu den bedeutendsten Bauwerken des 12./13. Jahrhunderts. Die Kirche wurde 1198 geweiht. Mit einer Länge von 67m soll sie der größte mittelalterliche Backsteinbau nördlich der Alpen gewesen sein. Das aus gebranntem Backstein bestehende Baumaterial brachte in seiner roten Steinfarbe den Herrschaftsanspruch seines Stifters, des Markgrafen Otto der Reiche, zum Ausdruck.

Im Eingangsbereich der im Jahr 1339 durch den Markgrafen von Meißen errichteten Andreaskapelle

Landschaftsausblick nach Osten

Abtei und Reste der Abtskapelle

Der Klostergarten mit gemauertem Kellergewölbe und einer Betsäule aus dem 14. Jahrhundert

Von der Sonne geflutet: Die westliche Klostermauer in der Nähe der Wirtschaftsgebäude

Weitere Mauersichten: Die ca. 1.3km lange und 5m hohe Bruchsteinmauer, die das Klosterareal umschließt

Vor dem durch Kurfürst August III. im Jahr 1787 errichteten Mausoleum

Am/im Konversenhaus: Außenansicht, Unterer Speisesaal (Refektorium) und gotisches Vorhangbogenfenster im Bibliotheksaal des Obergeschosses

Alte Wasserzisterne im Kräutergarten

Die der Klosteranlage vorgelagerte “Schreiberei”, Verwaltungsgebäude des kurfürstlichen Kammergutes aus dem 16. Jahrhundert

Quellen:

  • “Himmlisch gut und felsenfest”-Klosterpark Altzella und Schloß Nossen”, Flyer zum Schlösserland Sachen
  • “Kloster Altzella-einst bedeutendste Zisterzienserabtei in Sachsen”; Begleitheft zur ständigen Ausstellung; Publikation des staatlichen Schlossbetriebes Kloster Altzella/Schloß Nossen
  • “Kloster Altzella- B wie Bibliothek”; Informationsheft der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsens, 2003
  • “Ein Rundgang durch den Klosterpark Altzella”, Flyer zum Schlösserland Sachsen
  • “Kloster Altzella: Seemann Henschel GmbH & Co. KG, Edition Leipzig, 2011
  • “Schloß Nossen”; Seemann Henschel GmbH & Co.KG, Edition Leipzig, 2011

Im Internet:

(v.k.)

Südfrankreich/Okzitanien

Südfrankreich 09.09.-27.09.2021

Ein (dreigeteilter) Südfrankreich-Urlaub voller Eindrücke: Zwischen Romanischer Kunst und Architektur, mittelalterlicher Geschichte und herrlichen Bergwanderungen in den Pyrenäen…

(v.k.)

Unterwegs im Erzgebirge (4)

Zu Gast im Kloster Buch

08.09.2018

Kloster Buch

“Um 1190 stifteten die Burggrafen von Leisnig das Zisterzienser-Kloster Buch. In den folgenden Jahrhunderten wurde das in einer Flußschleife der Freiberger Mulde gelegene Kloster zu einem der größten Grundbesitzer zwischen Erzgebirge und Elbe. Durch Schenkungen und Erwerbungen besaß es über 60 Dörfer oder Dorfanteile sowie die Stadt Belgern.

Im Zuge der Reformation wurde das Kloster Buch aufgelöst und in ein Rittergut umgewandelt. Als Adelsbesitz erhielt es später die Fürstenschule St. Augustin in Grimma, die den Landwirtschaftsbetrieb verpachtete. 1836 wurde das Rittergut als Kammergut in Staatsbesitz überführt. Ab 1946 “Parteigut” der SED, wurde es 1955 zu einem Volkseigenen Gut (VG). Mit dem Ende der DDR ergab sich die Chance für einen Neubeginn. 2000 erwarb der Förderverein das Gelände vom Freistaat Sachsen.” (aus: Klosterunterlagen, Kloster Buch)

Die Benediktsregel 1.2 (“Die Mönche in einer klösterlichen Gemeinschaft leben und dienen unter Regel und Abt“) trifft zwar für das Kloster Buch heut nicht mehr zu. Aber: Die Klosteranlage in der breiten Muldenaue und die einzigartigen Fachwerkhäuser des Klosterdorfes sind heut und auf jeden Fall ein absoluter Geheimtip:

Kloster Buch

Treten Sie ein! Dem Besucher stehen heut alle Tore weit offen…

Kloster Buch

Kloster Buch

(v.k.)

Unterwegs im Erzgebirge (2)

Das Kloster Altzella: Zur seiner Geschichte

10. August, 2018

Altzella

Das Konversenhaus: Gebäudekomplex zur Unterbringung der Laienbrüder (Konversen)

Altzella war im Mittelalter das bedeutendste Kloster im mitteldeutschen Raum. Es liegt im Tal der Freiberger Mulde bei Nossen und erstreckt sich über eine ummauerte Fläche von ca. 15 ha.

51°3` 37“ N und 13°16` 35,6“ O sind die Koordinaten von “Celle Sancte Marie” oder “Altcelle”, dem damaligen Zisterzienzerkloster Altzella

Die Klostergeschichte ist- wie kann es anders sein- eng mit dem aufkommenden Silberbergbau im Erzgebirge verbunden. Im Jahre 1162 durch den Markgrafen Otto der Reiche gestiftet, diente die Zisterzienserabtei als Hauskloster der wettinischen Markgrafen von Meißen, die hier auch ihre Grablege hatten. Das Gelände für den Bau der Klosteranlage erwarb der Zisterzienser-Orden im Tausch für ein Gebiet in Freiberg, in dem im Jahre 1168 Silber gefunden wurde. Mit der Weihe der Klosterkirche, die zu den frühesten Backsteinbauten nördlich der Alpen gehört, zogen 1175 die ersten Mönche in die “Cella sanctae Mariae” ein.

Aus dem Orden der Benediktiner hervorgegangen, galt für die Zisterzienser deren Regelwerk im wesentlichen weiter. So auch die bekannte Mönchsregel  “Ora et labora” (“bete und arbeite”), mit der beide Orden als Orte der Frömmigkeit, der Arbeit und des Handwerks bekannt geworden sind.

Im weiteren Verlaufe seiner Entwicklung erwarb das Kloster durch Schenkung und Kauf Besitzungen in mehr als 200 Orten der Mark Meißen sowie von Thüringen und Böhmen. Bereits im frühen 13. Jahrhundert lebten mehr als 200 (Chor-)Mönche und Konversen (Laienbrüder) in Altzella. Die Bedeutung der Mönche als Funktionsträger von Gelehrsamkeit und Bildung und als Förderer des Wissens dürfte allenthalben bekannt sein. Auch die der Laien, deren wesentliche eigenwirtschaftliche Tätigkeiten in der Ackerwirtschaft, der Fischerei, dem Weinanbau und im Handwerk angesiedelt waren. In diesem Zusammenhang interessant: Gegen den anfänglich durch die Mönche selbst betriebenen Bergbau ging Markgraf Heinrich der Erlauchte (1218-1288) allerdings gerichtlich vor, da er das markgräfliche Silberregal (landesherrliches Hohheitsrecht über die Bodenschätze) eklatant verletzt sah… Im Jahre 1268 wurde das Tochterkloster Neuzelle in der Niederlausitz gegründet. 1436 erwarb das Kloster die Burg und Herrschaft der benachbarten Stadt Nossen, die Burg wurde durch den Abt seitdem als weltliche Residenz genutzt.

Altzella

Reste des Schüttgebäudes, in dem die Getreiderente des Klosters gelagert wurde

Nach fast vierhundert Jahren Erfolgsgeschichte wurde 1540 die Abtei Altzella im Zuge der Reformation aufgelöst, bis heute erinnern jedoch eindrucksvolle Bauwerke und Ruinen an das Erbe der Zisterzienser.

Altzella

Ruine des Sommer-Refektoriums (Speisesaal der Mönche)

Noch ein Satz zur Vergänglichkeit: Das Kloster Altzella ist seit dem frühen Mittelalter Erbbegräbnisstätte der Wettiner. Die Dynastie dieses Fürstengeschlechts hat ihren Namen von der Burg Wettin am Ufer der Saale übernommen. Es soll gemäß der “Altceller Annalen” vom Sachsenkönig Widukind abstammen und herrscht über 800 Jahre lang im mitteldeutschen Raum. Als gesichert gilt Konrad der Große  als Stammvater der Wettiner.

Ab dem frühen 12. Jahrhundert stellen die Wettiner die Markgrafen, Fürsten, Kurfürsten, Herzöge und Könige von Sachsen und Polen. Ein Teil von ihnen- auch die Stifter des Klosters- sind im Mausoleum von Altzella begraben. Laut Chronik insgesamt 26 Mitglieder des Hauses Wettin aus der Zeit von 1190 bis 1381, davon 6 Markgrafen von Meißen und deren Familienangehörige. Ihre Gebeine ruhen in Sandsteinsärgen in einem Gewölbe unterhalb des Grabdenkmals des klassizistische Mausoleums. Wettiner der nachfolgenden Generationen (1428-1500) sind im Dom zu Meißen bestattet. Im Hohen Chor des Freiberger Doms befindet sich die Grablege der Wettiner Landesfürsten (lutherisch) aus der Nachfolgezeit (1541-1694). Chronologisch schließt sich die Grablege in der Hofkirche Dresden (1733-1932) an. Neben den sächsischen Grablegen existieren Begräbnisstätten der Wettiner auch in anderen deutschen Ländern und im Ausland.

PS: Die Markgrafschaft Meißen war zur damaligen Zeit die am weitesten östliche Provinz/Mark des deutschen Reiches.

Altzella

Die restaurierte Erbbegräbnisstelle (Mausoleum) im Klosterpark

Quellen:

  • “Himmlisch gut und felsenfest”-Klosterpark Altzella und Schloß Nossen”, Flyer zum Schlösserland Sachen
  • “Kloster Altzella-einst bedeutendste Zisterzienserabtei in Sachsen”; Begleitheft zur ständigen Ausstellung; Publikation des staatlichen Schlossbetriebes Kloster Altzella/Schloß Nossen
  • “Kloster Altzella- B wie Bibliothek”; Informationsheft der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsens, 2003
  • “Kloster Altzella: Seemann Henschel GmbH & Co. KG, Edition Leipzig, 2011
  • “Schloß Nossen”; Seemann Henschel GmbH & Co.KG, Edition Leipzig, 2011

(v.k.)

mausoleum-images:  de.wikipedia.org