07.07.2025

Theodor Körner und Großzschocher, Juni 1813
Im Juni des Jahres 1813 sind es noch mehr als vier Monate bis zur großen Völkerschlacht vor den Toren Leipzigs zwischen den alliierten Truppen Preußens, Rußlands, Österreichs und der napoleonischen Armee.
In den Frühjahrs- und Sommerfeldzügen des Jahres 1813 und nach den für beide Seiten verlustreichen Schlachten von Großgörschen (2.Mai) und Bautzen (20./21.Mai) ist in beiden Lagern Zeitgewinn, insbesondere zur weiteren Mobilmachung und Kräftigung der Heere, angesagt. Dies betrifft auch das Freikorps der Lützower, welches sich- unter preußischem Oberkommando stehend- in Sachsen aufhält. Inmitten dieser Freischar aus deutschen Patrioten mit ihren einheitlich schwarzgefärbten Uniformröcken befindet sich auch der ehemalige Student und junge Theaterdichter Theodor Körner (zwischen 1808-1812 Studienansätze an der Bergakademie Freiberg sowie an den Universitäten Leipzig & Berlin; ab 1812 dann Anstellung als Theaterdichter im Burgtheater Wien, wo er erste Gedichte, Dramen und Theaterstücke verfaßt). Unmittelbar nach dem Aufruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. gibt Körner seine Stellung auf und schließt sich im März 1813 in Breslau dem Freiwilligenkorps des preußischen Majors Adolph von Lützow an.

Die Waffenstillstandsvereinbarung von Pläswitz, Königreich Preußen, 4. Juni 1813
Am 4. Juni 1813 wird im schlesischen Pläswitz ein auf zwei Monate befristeter Waffenstillstand zwischen Preußen, Rußland und Napoleon vereinbart, der am 5. Juni in Kraft tritt. Laut dessen Bestimmung haben sich alle preußischen Truppen bis zum 12. Juni hinter die vereinbarte Demarkationslinie nördlich der Elbe zurückzuziehen. Als Unterhändler fungieren der preußische General von Kleist, der russische Graf Schuwalow und der französische Diplomat Coulaincourt.
Die Mitteilung über den Beginn dieses Waffenstillstandes erreicht das ca. 400 Mann starke Lützowsche Freiwilligenkorps allerdings erst am 9. Juni bei Eichigt im sächsischen Vogtland. Sehr spät und hinter den feindlichen Linien, d.h. mitten im französisch besetzten Gebiet. Am Tag zuvor ist der Versuch des Freikorps gescheitert, die Stadt Hof zu besetzen. Dieser mißglückte Handstreich, bei dem es Tote und Verwundete gibt, hätte während des Waffenstillstands nicht stattfinden dürfen. Sind die bei Lützow verspätet eingetroffenen Ordres der schwierigen Nachrichtenübermittlung in diesen Tagen geschuldet? Oder sind es Nachlässigkeit oder gar Absicht durch das preußische Hauptquartier? Diese Frage ist bis heute nicht beantwortet.
Lützow bleiben für einen Ausweich noch drei Tage, doch er zögert und führt seine Truppen nicht in das neutrale Böhmen, sondern im Eilmarsch über Gera, Zeitz und Großgörschen weiter nach Norden durch das mit Napoleon verbündete Sachsen. Wagemut oder Nachlässigkeit? Nach Abmarsch aus seinem Biwak bei Kitzen, südwestlich von Leipzig, wird das Korps auf der Strasse zwischen Kitzen und Kleinschkorlopp am 17.06.1813 von einer zehnfachen Übermacht an württembergischer und französischer Kavallerie unter deren Generälen Norman und Fournier gestellt. Lützows Bitte um freies Geleit, da in friedlicher Absicht, wird nicht entsprochen, sein Korps wird unmittelbar darauf angegriffen. Der Durchbruch aus der feindlichen Umzingelung gelingt nur unter großen Verlusten, 30 seiner Männer fallen, 150 geraten in Gefangenschaft. Der Rest, darunter auch von Lützow und Körner, kann entkommen.
Auch dies ist ein Bruch des vereinbarten Waffenstillstandes. In einer Depesche an Napoleons Generalstabschef A. Berthier beschwert sich Feldmarschall Barclay de Tolly, Oberbefehlshaber der preußisch-russischen Truppen, über dieses „absolut unerklärliche Vorgehen bei Kitzen gegen das Korps von Major von Lützow“ und schlägt den Franzosen im Juli eine dringende Untersuchung der Angelegenheit vor. Dabei schließt er allerdings auch ein Fehlverhalten des Lützowschen Freikorps nicht aus…

Der Weg der Lützower in Sachsen bis zum Gefecht bei Kitzen und des schwerverwundeten Körner nach Großzschocher, Karte: ©OpenStreetMap-Mitwirkende
Körner selbst wird bei dieser Aktion durch einen Säbelhieb schwer verwundet. Er kann von Kameraden noch verbunden werden und sich zu Pferd mit Mühe in ein kleines Waldstück in der Elsteraue nahe der Gemeinde Großzschocher retten…

Sicht auf das bewaldete Gelände bei Großzschocher zwischen Elsteraue und Knauthainer Elstermühlgraben…

…in dem sich nach dem Scharmützel der schwerverwundete Körner verstecken kann


Das ehemalige Großzschochersche Gärtnerhaus in der Huttenstraße 2a, in dem Körner kurzzeitig versteckt, gepflegt und später außer Landes gebracht wird
Körner wird schon am nächsten Tag nach Hinweisen von Kameraden gefunden und in eine Kammer der Gärtnerwohnung in Großzschocher gebracht, wo er notärztlich versorgt wird. Bereits am nächsten Tag, also am 19. Juni, bringt ihn ein kleiner Kahn über das Dorf Schleußig bis zu „Rudolfs Garten“ (einem damals beliebten Ziel der Leipziger Gondelpartien) und zum Haus von Dr. Wendler. Neben der Androhung der Todesstrafe durch Napoleon gegen Jedermann, der einen Lützower („Bandit noirs“) aufnimmt, hilft oder begünstigt, ist zudem auf Körner ein hohes Kopfgeld ausgesetzt. So bringt ihn der Arzt am 25. Juni nach Kalmdorf, ein Gut in der Nähe von Borna. Am 29. Juni gelangt Körner schließlich bei Gottesgab über die Böhmische Grenze nach Karlsbad, wo er seine Kopfverletzung auskurieren kann. Doch schon zwei Monate später ist er bereits wieder bei „seinen“ Lützowern in Mecklenburg, wo er am 26. August beim Angriff auf einen französischen Troß im Forst von Rosenow bei Gadebusch fällt…

Gemälde von Ferdinand Hodler: „Der Auszug deutscher Studenten in den Freiheitskrieg von 1813“. Neben Studenten treten im Frühjahr 1813 junge Männer aus allen Ständen, sowie ehemalige Offiziere und Beamte in die Freiwilligenbataillone gegen die französische Fremdherrschaft ein. Zu diesen gehörten neben Theodor Körner z.B. auch F.L.Jahn, F.Friesen, J.von Eichendorff oder F. de la Motte-Fouque
♦ images:
pixabay und
Public Domain: „Der Auszug deutscher Studenten in den Freiheitskrieg von 1813“
©OpenStreetMap-Mitwirkende
♦ Quellen:
(5): Joachim Streisand: Lehrbuch der Deutschen Geschichte- Deutschland 1789-1815; VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1959
(6): Dokumente der Sonderausstellung „Napoleon muß untergehen“ zu Barclay de Tolly im Militärhistorischen Museum Dresden, Juli, 2025
(7): Private Aufzeichnungen zu: „Schills Rebellenzug von 1809 und weitere patriotische Erhebungen“ aus dem Kulturhistorischen Museum Stralsund/11.01.1976
(v.k.)