VINETA liegt im Leipziger Seenland

23./24.06.2017

Wo sich im Oktober 1813 in Leipzigs Süd-Osten, in etwa auf der Linie Dölitz-Markkleeberg-Wachau-Liebertwolkwitz eine halbe Million Soldaten Napoleons und der Alliierten gegenüberstanden, ist das Gelände heute kaum verändert: Eine weite, wellige Ebene mit Feldern, Auenhainen und Dörfern, aus denen die Kirchtürme neugierig herauslugen.

Doch einige Kilometer weiter südlich dieses Völker-Schlachtfeldes gilt dies nur bis 1937: In diesem Jahr wird im Leipziger Südraum der Tagebau Espenhain aufgeschlossen, in dem 1940 auf mehreren Baufeldern mit der Rohkohleförderung begonnen wird. Bis zur Schließung 1993/1994 werden hier insgesamt 570 Mio t Braunkohle ausgebeutet. Der Hunger nach Kohle geht allerdings auf Kosten von Natur und Landschaft und kollidiert mit dem Recht nach sauberer Heimat: Vor dem Sanierungsbeginn ist das gesamte Gebiet zu einer gespenstischen Mondlandschaft mutiert: Ein gigantisches Niemandsland aus Bergen von Abraum und Schmutz, Wasser und Kraterschlünden. Tote Materie.

Die Umgestaltung/Renaturierung und Flutung einzelner Baufelder beginnt bereits vor der Wende. Zögerlich und dort, wo einst die Schaufelradbagger keinen Stein auf dem anderen ließen. Die Flutung des 730 ha großen Störmthaler Sees 2014 war ein Meilenstein bei der Umgestaltung dieses bisher von der Braunkohle dominierten Landschaft. Sein Geburtsprozess verlief kontinuierlich über zehn Jahre und war nach einem Wasserzufluß von ca. 160 Millionen Kubikmetern beendet.

Die inmitten des Sees künstlich angelegte Insel VINETA steht stellvertretend für alle Orte der Gemeinde Magdeborn, die dem Braunkohleabbau weichen mußten. Sie steht auch zur Erinnerung an die versunkenen Dörfer und Zwangsumsiedlungen im ehemaligen Tagebau Espenhain, wo nach 1951 insgesamt 14 Ortschaften abgebaggert und mehr als 8000 Menschen zwangsumgesiedelt wurden. VINETA ist Mahnmal und schwimmende Kirche, Kunstobjekt und Konzertbühne. Und mit 15m Traufhöhe das höchste schwimmende Bauwerk auf einem deutschen See.

Leipziger Seen

Das neue VINETA im Störmthaler See

Nach dem Vollaufen des Zwenkauer Sees ein Jahr später war letztendlich auch die größte aller Leipziger Badewannen (970 ha) gefüllt. Fazit: Von den 19 Seen im Süden Leipzigs sind damit die gewaltigsten Bergbaukrater der neu geplanten Nutzung übergeben worden. Aufwendig saniert, renaturiert und aufgeforstet. Einige davon bleiben ausschließlich dem Naturschutz vorbehalten, andere sind bereits jetzt durch schiffbare Kanäle mit Schleusen miteinander verbunden. Sowohl Kulkwitzer See (170 ha), Harthsee (65 ha), Cospudener See (436 ha), Markkleeberger See (252 ha) u.a. wurden bereits vor 2006 geflutet. 

Verantwortlich für die Flutung der Seen ist die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV). Das Bergbausanierungsunternehmen mit 900 Beschäftigten und weltweit nachgefragtem Know-How ist mit seinen umfangreichen Erfahrungen mittlerweile auf dem Weg zu einem gefragten Technologiekonzern in Ostdeutschland. Die Güteparameter der neuen Seen, deren Sauberkeit und Wasserqualität, werden in Regie der LMBV über ein ausgeklügeltes Gewässermonitoring überwacht und gegebenfalls aktiv beeinflußt.

Die Umgestaltung der vom aktiven Bergbau hinterlassenen Mondlandschaften hin zu einem lebenswerten Umfeld ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die technischen Herausforderungen liegen in erster Linie im Grundwasseranstieg und in der Versauerung der Gewässer trotz Einsatz von Kalk-Dosierstationen (Ursache: Oxidation des in den Abraummassen befindlichen Schwefeleisens/Eisensulfids). Ein Grund dafür, daß gegenwärtig -und sehr zum Ärger der Petri-Jünger- keine Fischansiedlung möglich ist. Noch nicht. Mit Abschluß der Sanierungen wird jedoch eine der größten zusammenhängenden Ressorts für Naturschutz und Erholung, touristische Nutzung und Liebhaber des Rad- und Wassersports entstanden sein.

Leipziger Seen

Bereits etabliert in der neuen Leipziger Seenplatte: Der Kulkwitzer See

1. Images:
  • de.wikipedia.org und commons.wikimedia.org
2. Quellen:
  • http://leipzigerneuseenland.leipzig.travel/de/Leipziger-Neuseenland_1039.html
  • „Störmthaler See“, Saison 2017, 01.April-22.Oktober
  • „Die Wanne ist voll“,  Freie Presse vom 26.04.2014

(v.k.)

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