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Im Freiberger Theater zu Gast bei „Reineke Fuchs“

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Nach mehr als einem Jahr intensiver Arbeit liegt es denn 1793 in den Frankfurter Verlagshäusern und Buchläden vor: Goethes Druckmanuskript seines Versepos`“Reineke Fuchs“. Angesiedelt in der Fabelwelt der Tiere spiegelt es in eindrucksvoller Weise die reale Menschenwelt seiner Zeit wider: Ihr kompliziertes Beziehungsgeflecht, auch aufgebaut  aus Gut und Böse, Intrigenspiel, Dummheit und Heuchelei, politischem Hochmut und zeitgenössischer Machtpolitik. Denn: Der Frieden ist im Tier-Staat und seinem Parlament verkündet. In deren Welt sind Wölfe und Bären zum Berater des Königs aufgestiegen und fordern vehement Reinekes Kopf für seine Taten- um die eigenen zu verbergen. Und sich damit für weitere Tücken und Abscheulichkeiten zu tarnen mit List und Täuschung, Hass und Lüge, Bosheit und Neid.

Reineke Fuchs erweist sich allerdings als Meister der Fake-News, dem es allen Anschuldigungen zum Trotz immer wieder gelingt, seinen schlauen Kopf aus der fein geflochtenen Schlinge zu ziehen.

Der Stoff selbst ist nach Goethe eine „unheilige Weltbibel“ und ein Spiegel auf das „Menschengeschlecht in seiner ganz ungeheuchelten Tierheit“. Und: Er hat in unserer Zeit weder seinen Witz noch seine Aktualität verloren.    

Eine Frage stellt sich nach der Freiberger Theateraufführung zwangsläufig: Wie haben sich mehr als zwei Jahrhunderte nach dem Erscheinen des „Reineke Fuchs“ insbesondere menschliche Moral und Ethik verändert? Wie haben 200 Jahre gesellschaftliche Entwicklung Eigenschaften, Wesen und Charakter des Homo Sapiens zum positiven geändert? Haben sie es überhaupt? Was ist darüberhinaus nach diesem langen Erkenntnisprozess für die zukünftige Zeit als falsch, unmenschlich, verabscheuungswürdig erkannt worden? Und das entscheidende: Welche Erkenntnisse unseres schlauen Füchsleins gelten im Jahre 2018 mit Sicherheit nicht mehr und sind für immer ausgemerzt? 

Hier nun das Füchslein mit einigen seiner Selbsterkenntnisse:

  • „Denn freilich begleiten viele den König und kommen in seinem Rate zu sitzen; aber sie finden zusammen weder Rat noch Sinn…
  • Bären und Wölfe verderben das Land; es kümmert sie wenig, wessen Haus die Flamme verzehrt. Sie pflegen sich immer an den Kohlen zu wärmen…
  • Doch das Schlimmste find ich den Dünkel des irrigen Wahns, der die Menschen ergreift: Es könne jeder im Taumel seines heftigen Wollens die Welt beherrschen und richten.
  • Aber wie sollte die Welt sich verbessern? Es läßt sich ein jeder alles zu und will mit Gewalt die andern bezwingen. Und so sinken wir tiefer und immer tiefer ins Arge. Afterreden, Lug und Verrat, Diebstahl und falscher Eidschwur, Rauben und Morden, man hört nichts anderes erzählen. Falsche Propheten und Heuchler betrügen schändlich die Menschen.
  • Jeder lebt nur so hin! Und will man sie treulich ermahnen, nehmen sie`s leicht.
  • Auferbauen? Wer lebt nun darnach? Man stärkt sich im Bösen. So geschieht es im Volke, wie sollte die Welt sich verbessern?“
  • Nun, so spiel ich halt auch mein Spiel und denke daneben öfters bei mir: Es muß ja wohl recht sein, tun`s doch so viele!“

(vk)

Eposzeilen aus Reineke Fuchs, 8.Gesang     
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