Archiv der Kategorie: Mitten in Deutschland

In der Grafschaft Mansfeld

Im Juli, 2018

Luther, Luther und kein Ende: Auch in der Sachsen-Anhaltinischen Kleinstadt Mansfeld hat Fortuna im Lutherjahr klingende Münze(n) hinterlassen: Mit Fördermitteln der Europäischen Gemeinschaft und diversen Landesfonds konnten arg in Mitleidenschaft geratene Zeitzeugen aus dem frühen Mittelalter restauriert, neu gebaut und wieder in das rechte Licht gerückt worden: Luther`s Elternhaus, das Mansfelder Rathaus mit dem Rektorat, die Stadtkirche St. Georg und ein Museums-Neubau mit der Luther-Dauerausstellung “Ich bin ein Mansfeldisch Kind” zählen jedenfalls dazu. Kurz vor Martin Luthers Geburt zog die Familie noch unter dem Namen Luder von Eisleben nach Mansfeld. Hier verlebte Luther zwischen 1484 und 1496 seine Kinder- und Jugendjahre, bevor er in Magdeburg weiter zur Schule ging. Mit den Mansfelder Grafen war er darüberhinaus Zeit seines Lebens eng verbunden.

Mansfeld-Lutherstadt gehört neben Wittenberg und Eisleben zur Stiftung Luthergedenkstätten. Leider ist der Zustand von Schloß Mansfeld, dem Stammsitz der Mansfelder Grafen und auch der übrigen Stadt weniger erbaulich…

Mansfeld

Schloß Mansfeld und Schloßkirche unter dem Schutzpatron des Mansfelder Landes: dem heiligen Georg

VINETA liegt im Leipziger Seenland

23./24.06.2017

Wo sich im Oktober 1813 in Leipzigs Süd-Osten, in etwa auf der Linie Dölitz-Markkleeberg-Wachau-Liebertwolkwitz eine halbe Million Soldaten Napoleons und der Alliierten gegenüberstanden, ist das Gelände heute kaum verändert: Eine weite, wellige Ebene mit Feldern, Auenhainen und Dörfern, aus denen die Kirchtürme neugierig herauslugen.

Doch einige Kilometer weiter südlich dieses Völker-Schlachtfeldes gilt dies nur bis 1937: In diesem Jahr wird im Leipziger Südraum der Tagebau Espenhain aufgeschlossen, in dem 1940 auf mehreren Baufeldern mit der Rohkohleförderung begonnen wird. Bis zur Schließung 1993/1994 werden hier insgesamt 570 Mio t Braunkohle ausgebeutet. Der Hunger nach Kohle geht allerdings auf Kosten von Natur und Landschaft und kollidiert mit dem Recht nach sauberer Heimat: Vor dem Sanierungsbeginn ist das gesamte Gebiet zu einer gespenstischen Mondlandschaft mutiert: Ein gigantisches Niemandsland aus Bergen von Abraum und Schmutz, Wasser und Kraterschlünden. Tote Materie.

Die Umgestaltung/Renaturierung und Flutung einzelner Baufelder beginnt bereits vor der Wende. Zögerlich und dort, wo einst die Schaufelradbagger keinen Stein auf dem anderen ließen. Die Flutung des 730 ha großen Störmthaler Sees 2014 war ein Meilenstein bei der Umgestaltung dieses bisher von der Braunkohle dominierten Landschaft. Sein Geburtsprozess verlief kontinuierlich über zehn Jahre und war nach einem Wasserzufluß von ca. 160 Millionen Kubikmetern beendet.

Die inmitten des Sees künstlich angelegte Insel VINETA steht stellvertretend für alle Orte der Gemeinde Magdeborn, die dem Braunkohleabbau weichen mußten. Sie steht auch zur Erinnerung an die versunkenen Dörfer und Zwangsumsiedlungen im ehemaligen Tagebau Espenhain, wo nach 1951 insgesamt 14 Ortschaften abgebaggert und mehr als 8000 Menschen zwangsumgesiedelt wurden. VINETA ist Mahnmal und schwimmende Kirche, Kunstobjekt und Konzertbühne. Und mit 15m Traufhöhe das höchste schwimmende Bauwerk auf einem deutschen See.

Leipziger Seen

Das neue VINETA im Störmthaler See

Nach dem Vollaufen des Zwenkauer Sees ein Jahr später war letztendlich auch die größte aller Leipziger Badewannen (970 ha) gefüllt. Fazit: Von den 19 Seen im Süden Leipzigs sind damit die gewaltigsten Bergbaukrater der neu geplanten Nutzung übergeben worden. Aufwendig saniert, renaturiert und aufgeforstet. Einige davon bleiben ausschließlich dem Naturschutz vorbehalten, andere sind bereits jetzt durch schiffbare Kanäle mit Schleusen miteinander verbunden. Sowohl Kulkwitzer See (170 ha), Harthsee (65 ha), Cospudener See (436 ha), Markkleeberger See (252 ha) u.a. wurden bereits vor 2006 geflutet. 

Verantwortlich für die Flutung der Seen ist die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV). Das Bergbausanierungsunternehmen mit 900 Beschäftigten und weltweit nachgefragtem Know-How ist mit seinen umfangreichen Erfahrungen mittlerweile auf dem Weg zu einem gefragten Technologiekonzern in Ostdeutschland. Die Güteparameter der neuen Seen, deren Sauberkeit und Wasserqualität, werden in Regie der LMBV über ein ausgeklügeltes Gewässermonitoring überwacht und gegebenfalls aktiv beeinflußt.

Die Umgestaltung der vom aktiven Bergbau hinterlassenen Mondlandschaften hin zu einem lebenswerten Umfeld ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die technischen Herausforderungen liegen in erster Linie im Grundwasseranstieg und in der Versauerung der Gewässer trotz Einsatz von Kalk-Dosierstationen (Ursache: Oxidation des in den Abraummassen befindlichen Schwefeleisens/Eisensulfids). Ein Grund dafür, daß gegenwärtig -und sehr zum Ärger der Petri-Jünger- keine Fischansiedlung möglich ist. Noch nicht. Mit Abschluß der Sanierungen wird jedoch eine der größten zusammenhängenden Ressorts für Naturschutz und Erholung, touristische Nutzung und Liebhaber des Rad- und Wassersports entstanden sein.

Leipziger Seen

Bereits etabliert in der neuen Leipziger Seenplatte: Der Kulkwitzer See

1. Images:
  • de.wikipedia.org und commons.wikimedia.org
2. Quellen:
  • http://leipzigerneuseenland.leipzig.travel/de/Leipziger-Neuseenland_1039.html
  • “Störmthaler See”, Saison 2017, 01.April-22.Oktober
  • “Die Wanne ist voll”,  Freie Presse vom 26.04.2014

(v.k.)

Die Beelitzer Heilstätten

Sonntag, 15.01.2017

Wenn in nördlicher Richtung der Autobahn A9 kurz vor dem Dreieck Potsdam die Abfahrt “Beelitz Heilstätten” auftaucht, muß man den Fuß nicht unbedingt vom Gaspedal nehmen. Es sei denn, man ist in dieser waldreichen Gegend südwestlich von Berlin ansässig. Oder aber- und darauf will ich hinaus- man kennt das Arsenal der einstigen Lungenheilstätte noch nicht und möchte es kennenlernen: Insbesondere dessen Geschichte, seine Erbauung und seine Rolle bei der Behandlung der “Schwindsucht”, der zum Ende des 19. Jahrhunderts grassierenden Volkskrankheit Tuberkulose.

Zur Eindämmung und Bekämpfung dieser gefürchteten Seuche wurde 1902 der erste Komplex der Beelitz-Heilstätten übergeben. Entworfen und erbaut auf einer aufgekauften Fläche von ca. 140 Hektar inmitten der Beelitzer Wälder. Aus den für Männlein und Weiblein streng getrennten Klinikbereichen (Lungenheilstätten und Sanatorien) entwickelte sich in Folge das flächenmäßig größte Heilstätte für Lungenkrankheiten in Deutschland.

Beelitz

Männersanatorium: Das Badehaus außen…

Beelitz

…und von Innen

Dies mit für damalige Verhältnisse moderner Infrastruktur und medizinisch-technischer Ausrüstung. So entstand eine autarke, lebenstüchtige Kolonie aus Chirurgie, Krankenhäusern, Kureinrichtungen, Badehäusern, Küchen- und Wäschereigebäuden, Gärtnereien, Werkstätten usw. . “Das Teuerste ist das Billigste” war für die LVA Berlin als Bauherrin eine der Devisen für das  Gesamtkonzept der Anlage. Auch heute noch an den Gebäuden im Architekturstil englischer Landhäuser zu bewundern: Klinker, Stufen und Fliesen nur aus bestem Material (Villeroy & Boch). Aufbauend auf wirksamen Therapiemethoden und sehr guten Hygienebedingungen, einer Kapazität von 1200 Betten und einer Patienten-Aufenthaltszeit von 6 bis max. 26 Wochen hoffte man, die gefährliche Volksseuche ein- für allemal ausrotten zu können.

Alles zum heilmedizinischen Bereich, aber auch zur weiteren Geschichte der Heilstätten als Militärstandort und zur Bedeutung zwischen 1945-1994 (sowjetisches Militärhospital) ist während einer sehr interessanten und kompetenten Führung vor Ort zu hören, zu sehen und zu erleben.

Beelitz

Männersanatorium: Sowjetisches Sanitäter-Denkmal

Viele der einzigartigen Bauwerke (ca. 60 Zweckbauten) liegen heut brach. Zerstört nicht durch kriegerische Handlungen oder in ihrer Nutzung als Armeehospital bis zu Anfang der `90-iger Jahre. Nein, verfallen und zerstört im wesentlichen durch Nichtnutzung und Vandalismus nach erfolgter Rückgabe im Jahre 1992 an die einstige Eigentümerin (LVA Berlin)!

Beelitz

Seither gab/gibt es umfangreiche Konzepte und Planungen für eine Neunutzung, verbunden mit  dem Wiederaufbau und der Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Areals. Doch alles hat seinen Preis, wobei ein tragbares Nutzungskonzept (und der politische Wille des Landes) vorhanden sein müssen. Was wird in zehn Jahren noch zu sehen sein?

Respekt an dieser Stelle den bislang erfolgten Projekten und kostspieligen Maßnahmen (privatisierte Einzelgebäude, moderne Wohnsiedlung, Künstlerdorf “Refugium Beelitz”, Heilstättenpark mit Baumkronenpfad usw.).

Bei Interesse also: Abfahrt “Beelitz Heilstätten” nicht verpassen…

(vk)