Archiv der Kategorie: ► Kritisches

Die Diskussionen in unserer Gesellschaft werden zunehmend laut und schrill. Man hört sich nicht mehr zu, die Standpunkte des anderen gehen auch im Getöse verblendeter Schreihälse, omnipräsenter Wichtigheimer und in Dauertalkshows unter. Dabei gibt es genug Probleme und Gründe, kritisch zu sein: Unzählige menschengemachte Zustände auf unserem Globus sind so bizarr und verstörend, daß man an ihnen verzweifeln kann. Besser als das Verzweifeln ist sicher das Benennen, Analysieren und Einordnen. Öffentlich oder eben auch über diese Plattform…

Zu den Buch-Lesetips: Bücher zum spanischen Bürgerkrieg

In den Lesetips zur Geschichte des spanischen Bürgerkriegs habe ich bereits zwei Romane vorgestellt: Victoria Hislops “Das Herz der Tänzerin” und Ernest Hemingways “Wem die Stunde schlägt“.

Orwell`s “Mein Katalonien” ist ein weiterer Roman aus dieser Epoche, der stark an den Fakten orientiert ist. Er analysiert im Detail die Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen politischen Gruppierungen, Gewerkschaften und Parteien vor und während der Kriegshandlungen. Sachlich und ohne Pathos. Auch den zunehmenden Machtanspruch der kommunistischen Partei und ihrer Kommissare. Dieser hat nachweislich zu schweren Zerwürfnissen, militärischen Fehleinschätzungen, Repressionen sowie sinnlosen und verlustreichen Schlachten geführt. Das Buch bildet -wenn man so will- eine Klammer zu den schon vorgestellten Romanen und zu Andre Malraux`s “Hoffnung” und Dos Passos`s “Adventures of a young man“. Auch die Bände Ruiz Zafons verweisen auf diese unsägliche Zeit in der spanischen Geschichte, hier allerdings mit zentralem Bezug zu Barcelona.

Internationale BrigadenDie Tragik in allen Bänden, auch die vom Kämpfen und Sterben der internationalen Brigaden ist aufwühlend und erschütternd. Leider ist diese ARTE-Dokumentation aufgrund von Copyright-Querelen inzwischen vom Youtube-Server genommen worden.

Und: Mit dem Sieg von Francos Nationalisten bleibt das Drama dieses Bürgerkrieges trotz weltumspannender Solidarität ohne Sinn: Es war ein Putsch von Rechts, in dessen Folge die Republikaner die 1936 neu gewählte spanische Regierung verteidigten…

Lange Zeit schien es so, als sollten die Ereignisse dieser Epoche durch Vergessen und Stillschweigen dauerhaft ausgeblendet werden. Dies entspricht auch unserer Erfahrung bei verschiedenen Reisen in Andalusien und Katalonien: Auf Nachfragen z.B. zu Rolle und Schicksal von Garcia Lorca in Granada oder zur Festung Montjuic in Barcelona während der Franco-Zeit waren die Auskünfte stets wenig befriedigend.

Erst 2007, also rund siebzig Jahre nach dem Militärputsch, wurde durch den Premierminister Rodriguez Zapatero das “Gesetz zur historischen Erinnerung” verabschiedet. Darin werden die Diktatur Francos verurteilt. Entsprechende Hinweise, Symbole und Ehrenmäler müssen beseitigt werden. Politische Prozesse und Urteile durch die Nationalisten sind damit unrechtmäßig und müssen mit der Rehabilitierung der ehemaligen Franco-Gegener einhergehen.

Was bleibt, ist die Bitterkeit über das Scheitern internationaler Solidarität für eine durch die Spanier gewählte Republik. Und die militärische Niederlage auch durch die unsägliche Rolle sowjetischer Stalinisten.

(vk)

Über die schleppende Aufarbeitung des Genozids in Kambodscha

Eine Informationsreise nach Vietnam und Kambodscha im April 2016 hat bei uns nicht nur positive Eindrücke, sondern in hohem Maße auch Beklemmung, zwiespältige Gefühle und Ohnmacht hinterlassen. Neben der Nachdenklichkeit über Elend und enorme Armut, soziale Probleme, Schmutz und undemokratische Verhältnisse im Lande waren es insbesondere Wut und Bestürzung über die zögerliche und von offizieller Regierungsseite behinderte Aufarbeitung der Schreckensherrschaft Pol Pots und seiner Roten Khmer.

Mit dem Titel “Der lange Atem der Roten Khmer” ist ein Aufsatz über die prekäre Aufarbeitung des kollektiven Massenmordes in Kambodscha entstanden, den ich als LinkedIn-Blogbeitrag veröffentlicht habe. Vermutlich ist die dargestellte Situation vielen Menschen nur im Ansatz bekannt.

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Enthalten sind Fakten und umfangreiches Quellenmaterial über die Arbeit des internationalen Gerichtshofes ECCC in Pnom Penh, die vergangenen und noch aktuellen Prozesse gegen die Elite der damaligen Pol Pot Guerilla sowie das Versagen und Einknicken des Gerichts vor dem Dauerdruck des korrupten Hun Sen-Regimes. 

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Der kambodschanische Genozid reiht sich ein “in die Kette der Völkermorde des 20.Jahrhunderts: Der Genozid an den Armeniern 1915, die Massenmorde der Nazis, die Verbrechen Stalins und seiner Kamarilla, die Völkermorde in Ruanda, in Ex-Jugoslawien, in Burma oder Nord-Korea. Ihre Phänomene sind vergleichbar”, siehe Quelle unten. Dem bleibt wenig hinzuzufügen…. (vk)

Quelle:  “Warum Diktatur und Völkermord? Das Pol Pot Regime”, GlobKult Magazin, 02.06.2012
Images: eccc.qov.kh;  commons.wikimedia.org 

Die Gretchenfrage unserer Zeit

Was in unserer Zeit ist authentisch und glaubhaft? Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt der täglich auf uns einstürmenden Nachrichten? Was ist einseitig dargestellt, manipuliert oder erlogen?

Welches Wort, welche Verlautbarung, welcher Händedruck in den Medien dient nur persönlichem Vorteil und Machterhalt, statt auf Redlichkeit und Gemeinwohl ausgerichtet zu sein?

Wer kann Wahrheit und Lüge noch voneinander unterscheiden und welchen Bildern und Informationen darf man noch uneingeschränkt vertrauen? Werden die Online-Quellen überhaupt noch überprüft und wie abhängig sind die Journalisten davon? Was ist schlüssig, was ist PR und Propaganda und was kann gesunder Menschenverstand?

Insbesondere in Kriegszeiten ist die Wahrheit meist das erste Opfer. Brisantes Videomaterial erreicht minutenschnell Millionen von Menschen. Raffinierte Fakes lassen sich nach gründlicher Recherche und Verifikation erst im Nachhinein enttarnen. Und noch schwerer wieder korrigieren: Sind es wirklich Bunker des IS, die laut aktuellem Fernsehbeitrag durch gezielte Luftschläge im Norden des Irak vernichtet werden oder stammen die Aufnahmen aus Aleppo und sind bereits 4 Monate alt? Sind die Fahrzeugkolonnen mit Rot-Kreuz-Anstrich in der Ukraine wirklich mit humanitären Hilfslieferungen unterwegs zu den betroffenen Menschen oder transportieren sie Munition und Kriegsgerät für die Separatisten?

Cui bono – wem nützt es und warum? Wer vertritt welche persönlichen, politischen und wirtschaftlichen Interessen? Gerät die Medienlandschaft durch das Internet ökonomisch unter Druck? Wer hat die Kontrolle und was ist echt, belastbar und wahr? (vk)

“Wahr sind nur die Erinnerungen, die wir mit uns tragen; die Träume, die wir spinnen und die Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden.” 

Aus: “Die Feuerzangenbowle”, H.Spoerl, Droste-Verlag 1933